Verletzung des Elternrechts des Art. 6 Abs. 2 GG durch unbefristeten Umgangsausschluss?

Das Umgangsrecht eines Elternteils beruht auf Art. 6 Abs. 2 GG und steht unter dessen Schutz. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts soll das Umgangsrecht dem umgangsberechtigten Elternteil ermöglichen, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung fortlaufend persönlich zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten, einer Entfremdung vorzubeugen und dem Liebesbedürfnis Rechnung zu tragen.

Gerichte können das Umgangsrecht jedoch einschränken oder ausschließen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um die Gefährdung seiner seelischen und körperlichen Entwicklung abzuwehren. Gemäß § 166 Abs. 2 FamFG hat das Gericht bei länger dauernden kindesschutzrechtlichen Maßnahmen allerdings von Amts wegen eine Überprüfung in angemessenen Zeitabschnitten vorzunehmen.

Grundsätzlich ist vor diesem Hintergrund auch der unbefristete Ausschluss des Umgangs zulässig. Vor der Anordnung eines unbefristeten Umgangsausschlusses ist jedoch unbedingt zu prüfen, ob gegebenenfalls mildere Mittel in Betracht kommen. Zu denken ist dabei an die Durchführung eines begleiteten Umgangskontakts, eine Umgangspflegschaft oder einen befristeten Umgangsausschluss. Darüber hinaus ist der Grundrechtsschutz durch die Gestaltung des Gerichtsverfahrens sicherzustellen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht muss das Kindschaftsverfahren in seiner Ausgestaltung geeignet und angemessen sein, um eine möglichst zuverlässige Grundlage für die Feststellung einer Kindeswohlgefährdung zu erlangen und damit der Durchsetzung der materiellen Grundrechtspositionen wirkungsvoll zu dienen. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, damit das Kind nicht wieder und wieder einem solchen Verfahren ausgesetzt und Rechtssicherheit geschaffen wird.

In Bezug auf einen unbefristeten Umgangsausschluss spielt aber auch der Wille des Kindes eine zentrale Rolle, da es mit der Kundgabe seines Willens von seinem Recht zur Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, Gebrauch macht. Mit zunehmendem Alter kommt dem Willen des Kindes vermehrt Bedeutung zu. Selbst ein auf einer bewussten oder unbewussten Beeinflussung beruhender Wunsch des Kindes kann dann beachtlich sein, wenn er Ausdruck echter und somit schützenswerter Bindungen zu dem anderen Elternteil ist. Weiterhin ist es ohne Belang, ob negative Erinnerungen des Kindes auf realen Erinnerungen oder Suggestionen des betreuenden Elternteils beruhen, wenn der geäußerte Wille auf einer subjektiv verständlichen und vom Kind aufgrund des Reifegrads zu überblickenden Entscheidung beruht.

Die Anordnung eines unbefristeten Ausschlusses des Umgangs ist also auch vor dem Hintergrund des verfassungsmäßig garantierten Elternrechts beider Elternteile möglich, aber an hohe Hürden geknüpft. Milderen Maßnahmen des Kinderschutzes ist regelmäßig der Vorzug zu geben.

Ist die Versagung des Umgangsrechts dann schließlich nicht befristet, schließt das eine spätere Aufhebung des Umgangsausschlusses durch das Familiengericht nicht aus, § 1696 Abs. 2 BGB. Vielmehr trifft das Gericht bei der Aufklärung eventueller Abänderungsgründe gem. § 26 FamFG die Pflicht zur Amtsermittlung, so dass bei Änderung der Sachlage oder des Willens des Kindes der unbefristete Umgangsausschluss abgeändert werden kann.

Wettengel, Hausmann